Neuartige Helfer für die Biomedizin: Magnetische Nanopartikel aus Bakterien
Magnetische Nanopartikel aus Bakterien könnten schon bald eine bedeutende Rolle in der Biomedizin oder Biotechnologie einnehmen. Forscherinnen und Forscher der Universität Bayreuth haben jetzt ein Verfahren entwickelt und optimiert, mit dem die Partikel aus Bakterien isoliert und von Zellrückständen gereinigt werden können. Kulturen menschlicher Zellen weisen in ersten Laborversuchen eine gute Verträglichkeit mit diesen Nanopartikeln auf. Die in der Zeitschrift „Acta Biomaterialia“ vorgestellten Ergebnisse sind daher ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu biomedizinischen Anwendungen, beispielsweise in bildgebenden Diagnoseverfahren oder beim zielgerichteten Transport von Wirkstoffen in den Organismus.
Magnetbakterien der Spezies Magnetospirillum gryphiswaldense produzieren in ihren Zellen magnetische Nanopartikel, sogenannte Magnetosomen. Diese sind ähnlich einer Perlenschnur kettenförmig angeordnet. Sie bilden dadurch eine Art magnetische Kompass-Nadel, mit der sich die Bakterien entlang des Erdmagnetfelds fortbewegen können. Im Unterschied zu chemisch hergestellten Nanopartikeln besitzen Magnetosomen eine auffällig einheitliche Form und Größe von etwa 40 Nanometern, eine perfekte Kristallstruktur und in biomedizinischer Hinsicht vielversprechende magnetische Eigenschaften. Zudem sind sie von einer Biomembran umgeben, die je nach Bedarf mit zusätzlichen biochemischen Funktionen ausgestattet werden kann. Von daher erscheint es sehr attraktiv, diese Partikel für den Transport medizinischer Wirkstoffe im Organismus oder für bildgebende Diagnostikverfahren einzusetzen.
Für derartige Anwendungen hat ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Bayreuth nun erstmals notwendige Qualitätskriterien definiert: Dazu zählen insbesondere die Gleichförmigkeit (Homogenität) der Magnetosomen, ein hoher Reinheitsgrad und die Unversehrtheit der Membran, die jedes einzelne Magnetosom umgibt und ihm Stabilität verleiht. Nur wenn Magnetosomen diese Eigenschaften aufweisen, sind sie für biomedizinische und biotechnologische Zwecke verwendbar. Zugleich ist es den Forscher*innen gelungen, ein Verfahren zu etablieren, mit dem sich Magnetosomen in eben dieser geforderten Qualität aus Bakterien schonend isolieren lassen. Das Verfahren ist nicht nur im Labor einsetzbar, sondern grundsätzlich auch zur Gewinnung großer Mengen geeignet, wie sie im Falle einer breiten Anwendung in der Biomedizin und Biotechnologie benötigt werden.
Die Verträglichkeit der so gewonnenen Magnetosomen mit menschlichen Zellen wurde in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Jena getestet. Dabei stellte sich heraus, dass menschliche Zell-Linien selbst bei höheren Partikel-Konzentrationen hohe Vitalitätswerte aufwiesen. Auf der Basis einschlägiger DIN-Normen sprechen diese Testergebnisse eindeutig für eine gute Biokompatibilität. So könnten Magnetosomen beispielsweise in Zukunft eingesetzt werden, um Krebszellen im Organismus aufzuspüren und Therapeutika gezielt in der direkten Umgebung des Tumors freizusetzen. Die Nanopartikel besitzen daher ein großes Potenzial im Bereich der Theranostik, die eine präzise Diagnose mit einer nachfolgenden zielgenauen Therapie verbindet.
Das neue in Bayreuth entwickelte Verfahren macht sich für die Isolation der magnetischen Nanopartikel vor allem ihre physikalischen Eigenschaften zunutze. Zunächst werden die Magnetosomen von den übrigen nicht-magnetischen Zell-Bestandteilen abgetrennt. Ein zusätzlicher Ultrazentrifugationsschritt macht es aufgrund der hohen Dichte der Nanopartikel möglich, die noch verbliebenen Verunreinigungen zu entfernen. Die Optimierung und umfassende Charakterisierung des Isolationsverfahrens mithilfe verschiedenster analytischer Techniken ist aus einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit auf dem Bayreuther Campus hervorgegangen. Daran beteiligt waren die Physikalische Chemie (Dr. Sabine Rosenfeldt, Junior-Prof. Anna Schenk) die Mikrobiologie (Dr. Frank Mickoleit, Prof. Dirk Schüler, Dr. René Uebe), die Bioprozesstechnik (Dr. Valérie Jérôme, Prof. Ruth Freitag) und das Nordbayerische NMR-Zentrum (Prof. Stephan Schwarzinger). Zellkulturstudien zur Biokompatibilität wurden zudem am Universitätsklinikum in Jena (Cornelia Jörke, Dr. Joachim Clement) durchgeführt.