1.400 m² Funk und Ortung am Fraunhofer IIS
„Das ist eine riesige Halle. Hier passen ganze LKWs rein.“ Die Augen von Dr. Axel Plinge, Gruppenleiter am Fraunhofer IIS, leuchten, während er vom Test- und Anwendungszentrum für Lokalisierung, Identifikation, Navigation und Kommunikation (L.I.N.K.) im Nürnberger Nordostpark erzählt. Groß ist die Halle tatsächlich – aber was macht sie so besonders? „Wenn man sich umguckt, sieht man überall Technik. Auf der gesamten Fläche sind verschiedene Tracking-Systeme verbaut“. Damit lassen sich zahlreiche Szenarien testen: von Funk- und Lokalisierungstechnologien über Motion Capture für Virtual Reality bis hin zu Reinforcement Learning-Anwendungen, wodurch Systeme selbständig per Trial and Error zu Strategien für die Lösungsfindung gelangen. Seit 2013 stehen die Halle und zusätzlich 10.000 m² Außenbereich für verschiedene Tests und Experimente zur Verfügung. Damit bilden sie eine beeindruckende Umgebung für die Entwicklung, Demonstration und Evaluation zukunftsweisender Lokalisierungs- und Vernetzungstechnologien und für industrielle Anwendungen in Gebieten wie Industrie 4.0 oder Internet of Things (IoT), die es so kein zweites Mal gibt.
Wissenschaft zum Anfassen
„Das Coole ist, dass man wahnsinnig viel Flexibilität hat. Beispielsweise haben wir die Corona-Warn-App eingemessen mit Bluetooth-Ortung. Da haben wir ganze ICEs mit Stühlen nachgestellt. Die Testpersonen konnten sich hinsetzen und im virtuellen Bordrestaurant essen, während wir die Abstandsmessung der App kalibriert haben“, sagt Axel Plinge. Die vielfältig umsetzbaren Testszenarien in der L.I.N.K.-Halle begeistern den promovierten Informatiker, der bereits sieben Jahre in der Metropolregion Nürnberg zuhause ist, seitdem am Fraunhofer IIS arbeitet und seit vier Jahren auch ein Forschungsteam rund ums Thema Reinforcement Learning leitet. Seine Gruppe besteht zur Hälfte aus promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Mitglieder bringen einen MINT-Studiengang und Programmiererfahrung mit, wobei Praxiswissen und Spaß an der Forschung ebenfalls eine hohe Relevanz haben.
Letzteres zeigt auch Tobias Volk. Der 22-Jährige studiert Elektrotechnik im Master an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und ist als wissenschaftliche Hilfskraft beim Fraunhofer IIS angestellt. Auch er verbringt viel Zeit im Test- und Anwendungszentrum. „Man kann in der L.I.N.K.-Halle sehr viele Einsatzumgebungen testen“, betont der Studierende. „Ich bin sehr technik-enthusiastisch. Wenn ich sehe, was in der Halle alles verbaut ist – beispielsweise top-notch Sicherheitssysteme und Lokalisierungssysteme – dann geht mir das Herz auf. Es macht einfach Spaß: Man setzt sich mit seinem Team hin, man redet ein bisschen, man testet und debuggt zusammen. So viel wie bei diesen Sessions habe ich noch nie gelernt – auch, weil man in der L.I.N.K.-Halle alles physisch vor Augen hat.”
Innovationsraum für Technologien
Aktuell wird ein fahrerloses Transportsystem getestet. Zuvor wurde es mittels Reinforcement Learning in der Simulation trainiert. Dabei lernt die KI von selbst, wie sie Hindernisse umfährt oder Abkürzungen nimmt. Das lässt sich in der L.I.N.K.-Halle mit ihren Lokalisierungsmöglichkeiten in der Praxis testen. Dieser Transfer von Simulation zu Realität zeichnet das Test- und Anwendungszentrum aus, wie Axel Plinge betont: „Nicht jeder hat ein so gigantisches Volumen für optisches Tracking, in dem er Sachen durch die Gegend fahren oder fahren lassen kann. Es ist einfach cool mit dieser Technik zu arbeiten, es ist ein Labor, aber es ist auch Praxiserprobung. Ein ungewöhnlicher, besonderer Ort für die Wissenschaft.“
Der Standort Nordostpark
Die meiste Zeit verbringt der Gruppenleiter jedoch in den Büro- und Co-Working-Räumen des Nordostparks in Nürnberg. Dort befindet sich einer der drei großen Standorte des Fraunhofer IIS in der Metropolregion Nürnberg, zu dem auch die L.I.N.K.-Halle gehört. Hier hat auch Angela Raguse-Fößel, Bereichskommunikatorin Lokalisierung und Vernetzung, ihr Büro. Sie kennt den Standort und seine Vorteile in- und auswendig: „Die hochmodernen Arbeitsräume und Labore erleichtern das Leben ungemein.“ Im Bereich Lokalisierung und Vernetzung am Nordostpark arbeiten circa 140 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie 80 Studierende interdisziplinär in zahlreichen Projekten zusammen. Die Forschenden können zusammen mit der L.I.N.K.-Halle auf eine State-of-the-Art-Infrastruktur zurückgreifen. Das Bürokonzept in den Räumlichkeiten im Nordostpark, in denen auch der Bereich Supply Chain Services des Fraunhofer IIS zuhause ist, folgt den Prinzipien einer modernen Arbeitsplatzgestaltung und setzt auf zahlreiche Begegnungsräume mit bequemen Verweilmöglichkeiten: „Man begegnet sich in der weitläufigen Cafeteria, Kantine, oder in einem der zahlreichen Co-Working-Spaces und tauscht Ideen aus.“
Genau diese Räume der Begegnung sind es, die den Standort auch für Axel Plinge als Gruppenleiter und Forscher ausmachen – und natürlich die Menschen, die sich darin begegnen. „Du hast hier einfach viele wahnsinnig gescheite Leute um dich herum“, betont Plinge. „Die Gesprächsthemen gehen einem nie aus. Es fühlt sich an wie ein großer Thinktank, ein Cluster der Ideen und des Forschungsdrangs."
© Tim El-Helou, Europäische Metropolregion Nürnberg, Fraunhofer IIS