Mit Baumüller-Antriebstechnik: Team der TU München gewinnt internationalen Wettbewerb um die beste Tunnelbohrmaschine
Die Tunnelbohrmaschine revolutionieren – das war das Ziel der „Not-a-Boring Competition“, die von Elon Musks The Boring Company ausgerufen wurde. Gewonnen hat ein Team aus Studenten der TU München – mit wassergekühlter Antriebstechnik von Baumüller. Kilian Scheer, Sub-Team-Lead für das Power System erklärt, welche Herausforderungen im Wettbewerb zu lösen waren und wie das technische Konzept der Tunnelbohrmaschine aussieht.
Herausforderung Megacity
Stau in den Innenstädten, Zeitverlust, Luftverschmutzung und eine hohe Lärmbelastung – wie könnte die Verkehrsproblematik in boomenden Metropolen gelöst werden? Tesla- und Space X-Gründer Elon Musk ist überzeugt: Der Verkehr muss unter die Erde. Musks Boring Company arbeitet an der Entwicklung einer unterirdischen Infrastruktur, um die Verkehrsprobleme moderner Millionenstädte zu beheben. Eine große Herausforderung ist dabei der Tunnelbau – dieser muss in Zukunft deutlich schneller und kosteneffizienter werden.
Zu diesem Zweck rief Musk im Jahr 2020 die „Not-a-boring-Competition“ aus. Studententeams aus aller Welt entwickelten Konzepte für die Tunnelbohrmaschine der Zukunft.
Die Tunnelbohrmaschine aus München
TUM Boring wurde als ein gemeinnütziger Verein im Juli 2020 gegründet, um am Wettbewerb teilzunehmen. Das Team besteht aus mehr als 60 Mitgliedern aus 16 Ländern, hauptsächlich Studierende der TU München. TUM Boring wurde als eines von zwölf Teams zur Finalrunde in den USA zugelassen. Sie setzten sich damit in der Konzeptphase gegen rund 400 Teams aus der ganzen Welt durch.
Im September 2021 folgte dann der Höhepunkt des Wettbewerbs: Die zwölf Teams traten in der Mojave-Wüste bei Las Vegas gegeneinander an – und gewannen den Hauptwettbewerb mit der schnellsten Tunnelbohrmaschine im Feld.
Das technische Konzept
Die Tunnelbohrmaschine funktioniert nach dem Pipe-Jacking- oder Rohrvortriebsverfahren, welches auch in aktuell gängigen Tunnelbohrmaschinen eingesetzt wird. „Das besondere an unserem System ist, dass die Rohre in einem Revolver gelagert sind und wir dadurch Zeit beim Bohren einsparen. Über die Vorpresskraft werden die Rohre samt Bohrkopf in die Erde hineingetrieben und grabenlos verlegt“ erklärt Scheer. Die Tunnelbohrmaschine wurde in einen Übersee-Container gebaut, und hatte bei 12 Meter Länge ein Gesamtgewicht von ca. 22 Tonnen.
Wassergekühlter Synchronmotor ersetzt Hydraulik-Motor
Für den Wettbewerb musste ein Tunnel mit 0,5 m Durchmesser gebohrt werden. Um den Bohrkopf zu betreiben, durfte laut Lastenheft die komplette Tunnelbohrmaschine eine Gesamtleistung von maximal 100 kW nicht überschreiten. Das Team hatte sich entschieden, statt eines Hydraulik-Motors Elektromotoren einzusetzen, da diese einfacher im Bohrkopf installiert werden konnten. Ein weiterer Grund war, dass mögliche Ölleckagen unter Umweltschutzgesichtspunkten im Erdreich verhindert werden sollten.
Die Herausforderung für das Team war nun, einen kompakten, energieeffizienten Motor mit hoher Leistungsdichte auszuwählen, da der Bauraum nur wenig Platz beanspruchen durfte. Das Team hat sich für den Einsatz von wassergekühlten Synchronmotoren der DSC-Serie von Baumüller in der Baugröße 45 als Bohrkopf-Antrieb entscheiden. Auf jedem Motor wurde ein Stirnrad montiert, welches auf ein großes Hohlrad eingreift. Mit einer eigens entwickelten Regelung wurde der Bohrkopf dann synchronisiert betrieben.
Die Herausforderung war, einen kompakten, energieeffizienten Motor mit hoher Leistungsdichte auszuwählen, da der Bauraum klein sein musste.
Vortrieb der Tunnelbohrmaschine
Der Vortrieb der Maschine wurde durch eine hydraulische Lösung realisiert. „Die Rohre haben wir im Revolver gelagert. Ein Rohr wird durch das Vortriebssystem nach vorne gejackt, die anderen Rohre liegen im Revolver. Wenn ein Rohr vollständig nach vorne gejackt wurde, hat sich der Revolver gedreht, es wurde sozusagen nachgeladen und man konnte sofort weiterbohren.“ erklärt Scheer.
Für den Betrieb wurde dafür ein Kabelmanagement-System entwickelt, welches selbst gesteckt werden musste und sehr zuverlässig funktioniert hat. Nach jedem Zyklus wurden die Steckverbindungen geöffnet, gewechselt und eingesteckt. Dann konnte sofort weitergearbeitet werden.
Wasserkühlung verhindert Überhitzen
Zum Abtransport des Materials kam eine Förderschnecke zum Einsatz. Diese fördert das Material aus dem Bohrkopf heraus auf Förderbänder. Diese wurden im gleichen Arbeitsschritt auf einer direkt mitverlegten Fahrbahn platziert um im Wettkampf zusätzlich Zeit einzusparen. Um eine Überhitzung der Schnecke zu vermeiden, wurde hier ebenfalls ein wassergekühlter DSC1-Motor mit 14 kW eingesetzt. Durch die Wasserkühlung des Motors wird die Abwärme zuverlässig abgeführt. Im Vergleich zu anderen Kühlarten ist die Leistung der Elektromotoren bei wassergekühlten Varianten um bis zu 50% höher. Dies bedeutet umgekehrt, dass die Baugrößen kleiner dimensioniert werden können – eine zentrale Voraussetzung für die benötigte geringe Bauform des Motors.
So geht es mit dem Team der TU München weiter
Das Team von TUM Boring hat noch viele Ideen, die noch nicht in der aktuellen Maschine umgesetzt wurden. In diesem Jahr wird der Wettbewerb wahrscheinlich fortgesetzt – ein idealer Anlass, die Tunnelbohrmaschine weiter zu verbessern. Wir wünschen dem Team von TUM Boring dabei weiterhin viel Erfolg!