Batteriekompetenz - made in Bayreuth: „Wir wollen hier die nächsten Generationen der Batterie entwickeln“
In Bayreuth entsteht das BayBatt als Expertise-Zentrum für Batterietechnologie und Anlaufstelle für die Industrie zur Erforschung und Entwicklung von Speichermedien der Zukunft.
Ob zur Sicherung der Netzstabilität bei der Produktion von Strom aus Solar- und Windkraft oder der Nutzung in nachhaltigeren Verkehrsmitteln – durch die Energiewende in Deutschland steigt die Nachfrage nach Speichertechnologien. Das bisher in Deutschland ansässige Know-How stützt sich dabei jedoch zum Großteil auf die Kompetenz von Unternehmen aus dem Ausland. Doch wie kann die Energiewende in Deutschland gelingen, wenn es bisher an eigenen Kompetenzen in der Produktion von Energiespeichermedien und Batterien mangelt? Die Universität Bayreuth etabliert sich als Expertise-Zentrum für Batterietechnologie
Batteriekompetenz - made in Bayreuth
Mit der Gründung des Bayerischen Zentrum für Batterietechnik, kurz BayBatt, reagiert die Universität auf genau diesen enormen Nachholbedarf im Bereich Batterieentwicklung in Deutschland. Entstanden ist das BayBatt im Rahmen der High Tech-Agenda Bayern. „Es geht uns darum, dem Thema Batterietechnik einen Ort zu geben, an dem Forschung stattfindet, an den man sich aber auch unkompliziert wenden kann, wenn man Fragen zum Thema Batterie hat.“ so Prof. Dr.-Ing. Michael Danzer, Direktor des Bayerischen Zentrum für Batterietechnik. „Wir wollen hier die nächsten Generationen der Batterie entwickeln.“
Die Forschungsarbeiten des BayBatt sind umfassend und weitreichend, sie beschäftigen sich mit modernen Batteriespeichertechnologien aller Größenordnungen. Die Kernthemen des überregionalen Forschungszentrums sind die Sicherheit und Nachhaltigkeit von Batterien und deren Komponenten, aber auch die Intelligenz des Speichermediums selbst bis hin zur Wirtschaftsfähigkeit. Die Universität stellt sich dabei den Herausforderungen der gesamten Wertschöpfungskette in der Batterieforschung, begonnen bei der Materialforschung bis zu fertigen Batteriemodulen, Systemen und deren Einbindung in komplexe Energiesysteme.
Fakultätsübergreifende Synergien sorgen für exzellente Nutzung von Know-How in der Entwicklung neuer Speichermedien
Hierfür vereint die Universität ihre Expertise aus den Fakultäten Materialwissenschaft, Elektrochemie, Ingenieurwissenschaft, Informationstechnologie und Ökonomie in einem interdisziplinären Forschungsteam. Teil dieses Teams ist auch Prof. Dr. Harald Oberhofer. Im Bereich Computergestütztes Materialdesign lehrt und erforscht er mittels einer Kombination von fortgeschrittenen Simulationstechniken und maschinellem Lernen die Möglichkeiten der Nutzung unterschiedlicher Materialien sowie das Design neuer Materialien für die Anwendung in Batteriekomponenten
Eine andere Perspektive der Batterieforschung beleuchtet Juniorprofessor Dr.-Ing. Fridolin Röder. In seiner Forschung widmet er sich der Entwicklung von Methoden für Batteriemanagementsysteme, insbesondere der skalenübergreifenden Interaktion vom Material bis zum System.
Erweitert wird das Team unter anderem durch Prof. Dr. Matteo Bianchini, der kürzlich mit dem ERC Starting Grant, dem höchsten europäischen Forschungspreis für die Projektidee 4SBATT (Sustainable Solid State Sodium Batteries) ausgezeichnet wurde. In diesem Forschungsprojekt soll eine Festkörperbatterie auf Basis von Natrium am BayBatt entwickelt werden. Das Projekt soll der nächste große Schritt zur Entwicklung von nachhaltigen Batterien sein, welche mit den bestehenden Produktionsketten der Industrie hergestellt werden können.
Neben der grundsätzlich fachübergreifend angelegten Zusammenarbeit, forschen die Mitglieder des Zentrums auch in sogenannten Tandem-Projekten. Diese Arbeitsgruppen bestehen aus fachlich gemischten Teams, verbinden so z.B. ingenieurwissenschaftliche und naturwissenschaftliche Expertisen und widmen sich u.a. dem sicheren Betrieb von Lithumionenbatterien oder Konzepten zukünftiger Batteriesysteme in einem Smart Grid.
Zur Realisierung dieser und weiterer zukunftsweisender Projekte bietet Bayreuth ideale Voraussetzungen. Das BayBatt bezieht derzeit am Standort Bayreuth Nord neue Büro- und Laborflächen von insgesamt 7000 Quadratmeter . Am Campus der Universität entsteht zudem das Batteriezelltechnikum. Die Besonderheit dieses Labors liegt in den unter Argonatmosphäre untergebrachten Anlagen, was ein Handling von Aktivmaterialien, beispielsweise Lithiummetall ermöglicht. Lithium ist ein wichtiger Bestandteil leistungsstarker, herkömmlicher Batterien, wird aber auch wie hier an der Uni Bayreuth in der Entwicklung von neuartigen Feststoffbatterien genutzt und würde unter normaler Atmosphäre reagieren. Die Fertigstellung ist für Mitte 2022 geplant.
Zusammenarbeit mit Unternehmen für den industriellen Erfolg der Bayreuther Batterieforschung
Einen wichtigen Faktor für den Erfolg der deutschen Batterieforschung sieht Bayreuth in der Zusammenarbeit mit Unternehmen entlang der Prozesskette der Batteriefertigung. Im von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderten Projekt „GlasSeLiB“ wird zusammen mit dem Batteriehersteller Varta Microbattery, dem Glastextilhersteller Vitrulan und dem Spezialanlagenbauer Füller Glastechnologie an innovativen Glasseparatoren für Lithium-Ionen-Batterien geforscht. Diese sollen die Batterien in Elektrofahrzeugen, Laptops, Smartphones und zahlreichen anderen High-Tech-Anwendungen zuverlässiger, langlebiger und sicherer machen. Ein Gewinn bei der Performance sowie eine positive Auswirkung auf die Zellchemie der Batterie konnte im Vorprojekt bereits nachgewiesen werden. Die aktuelle Herausforderung besteht nun darin, aus Glas – einem für gewöhnlich spröden Material - ein hauchdünnes, flexibles Glasvlies mit einer Dicke von etwa 15 µm herzustellen. Dieses soll die nicht hochtemperaturtauglichen Polymerfolien ersetzen, welche bisher als Barriere zwischen Kathode und Anode in Batterien verwendet werden.
Dadurch könnten zudem sehr vereinzelt auftretende Brände von Batterien vermieden werden und die Akzeptanz von Elektromobilität weiter erhöht werden. Die neuartigen Glasseparatoren sollen als „Drop-In-Technologie“ in die Produktion der entstehenden Batterie-GIGA-Factories eingesetzt werden. Für die heimische Glasbranche könnte das Projekt die Möglichkeit eröffnen, mit neuen Produkten für Zukunftstechnologien nicht nur Standorte zu sichern, sondern Technologieführerschaften zu übernehmen.